Die Olivenöle der Ernte September 2023 stehen zum Probieren für Sie bereit.



Olivenöl-Experte Andreas März im Interview

31. Mai 2018, 16:48 Uhr

 

Olivenöl "Milde“  ist meistens ein Zeichen von Ranzigkeit"

 

Steter Tropfen ölt den Stein - doch selbst mit viel Geduld ist es offenbar schwierig, ein wirklich gutes Olivenöl zu finden.

 

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Warum ein Spitzen-Olivenöl im Hals brennen muss, was von der Aufschrift "extra vergine" zu halten ist und was selbst die fleißigsten Bauern oft falsch machen: Ein Gespräch mit dem Olivenöl-Experten Andreas März


Interview von Susanne Schneider, SZ-Magazin

 

SZ-Magazin: Ich habe hier eine Flasche Olivenöl aus dem Supermarkt bei mir um die Ecke, den halben Liter für 4,49 Euro. Der Herstellername auf dem Etikett klingt italienisch, und es steht drauf, das Öl sei extra vergine. Würden Sie es bitte probieren und mir sagen, ob es ein gutes Öl ist?

Andreas März: Das kann keinesfalls gut sein. Für 4,49 Euro kriegen Sie nie einen halben Liter hochwertiges Extra-Vergine-Öl.

Aber das steht doch da?

Extra vergine oder nativ extra beschreibt die höchste Qualitätsstufe beim Olivenöl. Leider sind mindestens 95 Prozent aller sogenannten Extra-Vergine-Öle in Wirklichkeit keine. Oft lässt sich schon am Preis eines Öls die Qualität erkennen. Ich vermute, bei Ihrem Öl handelt es sich bestenfalls um ein natives, also ein Vergine-Öl. Das muss nicht schlecht sein, aber es ist halt kein Meisterstück, wie das Etikett glauben lässt. Meisterstücke sind rar und kosten Geld.

Warum sind Sie sich so sicher, ohne es probiert zu haben?

Weil der Hersteller ein Abfüller ist wie Berio, Bertolli, Carapelli, Dante, Farchioni, Sagra, Sasso und viele andere. Ihre Namen klingen italienisch, in Wirklichkeit mischen sie aber riesige Mengen von Olivenöl aus dem ganzen Mittelmeerraum. Ich wohne seit vierzig Jahren in der Toskana, meine Familie bearbeitet mehr als 5000 Olivenbäume und betreibt eine eigene Ölmühle, ich gebe jedes Jahr Merum heraus, einen Olivenölführer mit den besten Ölen Italiens. 2005 verklagte mich einer dieser Ölkonzerne wegen Rufschädigung und Verleumdung. Dabei hatte ich bloß beschrieben, dass ihre Öle ranzig und stinkig seien. 2009 wies ein italienisches Gericht die Strafklage ab. Wer über eine funktionierende Nase verfügt, kann leicht selbst feststellen, was die Olivenöle aus dem Supermarkt taugen.

 

Das teuerste Extra-Vergine-Öl in meinem Supermarkt kostet etwas mehr als elf Euro für den halben Liter. Soll ich das kaufen?

Ich finde, ein Spitzenprodukt wie echtes Extra Vergine sollte man nicht im Supermarkt kaufen, sondern im Fachhandel. Trotzdem ist der Preis leider keine Garantie für Qualität. Er kann ein Hinweis sein, doch der Umkehrschluss stimmt nicht: Zwar kann ein halber Liter hervorragendes Extra Vergine unmöglich 4,49Euro kosten, aber dass ein teures Öl gut ist, steht nicht fest. Es gibt mehr schlechte teure als gute teure Öle.

Kann ich an der Farbe erkennen, ob ich ein Spitzenöl gekauft habe? Meins ist gelblich.

Auf die Farbe ist kein Verlass. Die schönste Farbe beim Olivenöl ist ein zartes Hellgrün. Dunkelgrün deutet auf zu hohe Temperaturen bei der Pressung hin, ein warmes Gelb auf Oxidation, also zu viel Sauerstoff.

Früher stand oft "kaltgepresst" auf dem Etikett. Das galt, für Laien jedenfalls, als Qualitätsmerkmal. Dieses Wort ist fast verschwunden. Gut oder schlecht?

Gut. Wer "erste Pressung" oder "kaltgepresst" aufs Etikett schreibt, geht davon aus, dass der Käufer keine Ahnung hat, sich aber von solchen Ausdrücken beeindrucken lässt. Heiß wird seit Urzeiten nicht mehr gepresst, nämlich seit Sklaven oder Esel die Mühlsteine nicht mehr in Bewegung halten müssen. Damals wurde mehrmals gepresst, um am Ende mit heißem Wasser das letzte Öl aus dem Olivenbrei zu lösen. Seit Ölmühlen elektrisch betrieben werden, gibt es keine zweite Pressung mehr. Auch keine heiße.

Bei welcher Temperatur wird Öl heute gepresst?

Jenes der obersten Kategorie, nativ extra oder extra vergine, darf laut Gesetz nur bei maximal 27 Grad gepresst werden. Qualitätsproduzenten arbeiten mit Temperaturen bis höchstens 24 Grad, da sich ab 25 Grad unerwünschte qualitative Veränderungen abspielen können. Man sollte wissen: Je höher die Temperatur, desto größer zwar die Ausbeute, aber desto fehlerhafter das Öl.

Ich müsste also mein Öl erst probieren, um zu wissen, ob ich das bekomme, was drauf steht?

Sie müssen riechen und verkosten. Ist der Geruch in Ordnung, stimmt meistens auch der Geschmack. Verkosten ist natürlich nur bei einem guten Händler möglich, aber im Supermarkt kriegen Sie sowieso kein Spitzenöl. Die Mühe des Verkostens müssen Sie sich einfach machen. Weinliebhaber tun das ja auch. Ich habe kein Mitleid mit dem Verbraucher. Vielleicht ist ihm ein mittelmäßiges Olivenöl gut genug? Es ist ja nicht ungenießbar, nur für höhere Ansprüche taugt es nicht.

Und wie schmeckt echtes Extra-Vergine-Öl?

Also, dann gießen wir jetzt das Öl, das Sie mitgebracht haben, in einen kleinen Becher, und ein extra vergine, wie es sein soll, in einen zweiten. Jetzt riechen Sie an beiden. Und?

Eines ist hellgrün und riecht nach Gras. Das andere ist gelblich und riecht weniger frisch. Aber wonach, kann ich nicht sagen.

Es riecht nach Essig, nach vergorenen Früchten und leicht ranzig. Das sind Fehlaromen.

Was sind Fehlaromen?

Alles, was nicht ausschließlich frisch und pflanzlich riecht. Ein Extra Vergine darf keinerlei Fehlaromen aufweisen, so lautet die EU-Verordnung 1348 aus dem Jahr 2013. Es kann nach Gras, Artischocken, grünen Bananen oder unreifen Tomaten riechen, ganz egal - solange der Geruch frisch und pflanzlich ist.

Ich probiere jetzt mal beide Öle, ja?

Und? Was schmecken Sie?

Das grünliche kratzt ja ziemlich im Hals. Mein Supermarkt-Extra-Vergine-Öl dagegen schmeckt mild. Ehrlich? Ich finde mein Supermarktöl besser.

Das ist Ihr gutes Recht, aber dann kaufen Sie künftig besser ein gutes Rapsöl als ein schlechtes Olivenöl. Olivenöl ist wohl eher nichts für Sie. Milde ist meistens ein Zeichen von überreifen Oliven oder von zu hohem Alter, also von Ranzigkeit. Dazu kommt ein kultureller Aspekt: Nördlich der Alpen kennen wir Schmalz und Butter als Fette, die neutral schmecken. Eines, das bitter und scharf schmeckt, ist für Italiener und Spanier normal, für uns nicht. Darum haben Menschen nördlich der Alpen an mildem Olivenöl so wenig auszusetzen. Auch das ist ein Grund, warum man den Deutschen so leicht billiges Öl als hochwertiges verkaufen kann.

Bleibende Werte

Hochwertiges Olivenöl wird am besten in dunklen Flaschen gelagert, im Dunkeln und möglichst kühl, aber nicht im Kühlschrank. Kauft man beim Händler einen Fünf- oder Zehn-Liter-Kanister, sollte man das Öl rasch in dunkle Flaschen umfüllen, jeweils fast randvoll, und die Flaschen fest verschließen, damit das Öl so wenig wie ­möglich mit Sauerstoff in Kontakt kommt. Mit diesem Öl kann man nicht nur kochen und braten, sondern auch frittieren. Richtig gelagertes, hochwertiges Olivenöl ist mindestens ein Jahr lang ohne Geschmacksverlust haltbar.

 

Warum muss Olivenöl von höchster Qualität etwas bitter schmecken und im Hals kratzen?

Essen Sie mal eine Olive direkt vom Baum, die spucken Sie schneller aus, als Sie denken können. Der bittere Geschmack kommt von Polyphenolen, das sind Antioxidantien, die schützen sowohl die Olive als auch unsere Gesundheit. Ein kleiner Teil dieser Stoffe bleibt nach der Verarbeitung im Öl. Das brennt im Hals und zeichnet ein gutes Öl aus. Die Bitterkeit verfliegt sofort, wenn es sich mit anderen Lebensmitteln wie Nudeln oder Gemüse verbindet.

Aber so ganz wird mir nicht klar, warum ich sehr viel Geld für ein Spitzenöl ausgeben soll, das erst mal bitter schmeckt und im Hals kratzt.

Die Herstellung von Olivenöl kostet, je nach Anbauregion, zwischen fünf und zwanzig Mal mehr als die Herstellung von Rapsöl oder Sonnenblumenöl. Es ist die Ausweglosigkeit, die Bauern dazu zwingt, ihre Oliven und ihr Öl unterhalb der Herstellungskosten abzugeben. Ein hochwertiges Olivenöl ist ein Genuss, jedenfalls für seine Liebhaber. Braten Sie mal frische Zucchini bei 170 Grad in gutem Olivenöl an. Oder gießen Sie einen großzügigen Schluck davon über mit Parmesan bestreute Eiernudeln oder einfach über eine Scheibe Baguette. Es gibt wenig, was köstlicher schmeckt. Meine Frau benutzt das Öl zum Backen wie zum Braten, der Geschmack wird einfach besser. Und wenn wir unsere Gäste überraschen wollen, servieren wir zum Nachtisch unaromatisiertes Rahmeis oder Milcheis und gießen vor ihren Augen das hellgrüne Öl darüber. Erst ungläubiges Zweifeln, dann begeisterte Verwunderung. Das funktioniert nicht mit Öl vom Discounter.

Entscheidet die Olivensorte darüber, wie gut ein Öl wird?

Bei stichigen und ranzigen Ölen spielt die Sorte eine sehr untergeordnete Rolle. Erst bei einem vollwertigen Extra Vergine bestimmt die Sorte das Aroma.

Was ist dann nötig, um ein Spitzenöl herzustellen?

Ein Olivenproduzent muss seine Bäume regelmäßig beschneiden, meistens sind es ein paar Tausend. Er muss sie düngen, am besten organisch. Das Gras unter den Bäumen muss geschnitten werden. Gegen möglichen Schädlingsbefall kämpft ein Biobauer mit stumpfen Waffen, er darf nur natürliche Produkte und wenig Kupfer einsetzen. Bei der Ernte ab Mitte Oktober pflückt er die Oliven schonend, lässt sie in Netze fallen, nicht auf den Boden, um sie nicht zu verletzen. Dann bringt er sie in kleinen und gut belüfteten Kisten so schnell wie möglich zur Ölmühle, denn schon nach sechs bis sieben Stunden setzt der Zersetzungsprozess ein. Die Wahl der Ölmühle ist entscheidend.

Ich habe mir bisher Ölmühlen wie Autowaschanlagen vorgestellt - alle ziemlich gleich gut.

Auch mir hat erst vor knapp 20 Jahren ein Freund klar gemacht, dass mein Öl in der Mühle kaputt gemacht wurde. Das war ein Schreck: 20 Jahre Arbeit hatte ich in Mist gesteckt, ohne es zu wissen. Der Freund sagte, du brauchst eine eigene Mühle. Ich hatte aber kein Geld. Ich habe mir trotzdem eine besorgt. Das Öl, das dann da rauskam, hat mich umgeworfen. Ein Unterschied wie Tag und Nacht.

Was wird in Ölmühlen falsch gemacht?

Zu wenig Hygiene, zu viel Zugabe von Wasser, zu viel Luftkontakt, zu hohe Temperaturen, zu lange Verarbeitungszeiten. Sämtliche Maschinenteile müssen täglich gereinigt werden, sonst fangen die Rückstände an zu stinken. Man muss die gewaschenen Oliven gut trocknen: Kommen sie während des Mahlvorgangs mit zu viel Wasser oder zu viel Sauerstoff in Berührung, bedeutet das den Tod eines Spitzenöls. Und Temperaturen über 24 Grad auch.

Können große Ölmühlen deshalb so billig produzieren?

Die großen Ölvermarkter kaufen Öl aus den Mittelmeerländern zu und bezahlen derzeit um die drei Euro für den Liter. Das ist lächerlich wenig. Mit diesem Taschengeld kann man weder in moderne Technik investieren noch die Bauern anständig bezahlen. Ich habe Bilder gesehen, da lagern Oliven in Spanien zwei Wochen in Sonne und Regen, aufgetürmt zu Olivenbergen, im Inneren herrschen zwischen 50 und 60 Grad, unten läuft der braune Saft raus. Das ist Fermentation und Fäulnis, der Tod der Qualität.

Warum steht trotzdem extra vergine auf dem Flaschenetikett? Ist das nicht verboten?

Doch, schon seit 1966. Laut Gesetz ist nativ extra oder extra vergine ein Top-Öl. In Wirklichkeit wird das Gesetz aber nicht beachtet. Es wird ständig ergänzt und angepasst, 28 Parameter definieren, was ein Top-Öl ist. Viele dieser Grenzwerte sind viel zu lasch: Zum Beispiel ist ein Olivenöl, das mehr als 0,4 Prozent freie Fettsäuren aufweist, nie frei von Fehlaromen. Das Gesetz erlaubt aber bis zu 0,8Prozent. Sehr streng hingegen sind die Vorschriften zur Sensorik - das geringste Fehlaroma führt theoretisch zu einer Deklassierung des Öls zu einfachem Vergine.

Deutsche vertrauen sehr der Stiftung Warentest. Die hat in diesem Frühjahr 27 Olivenöle getestet, angeblich alle extra vergine. Zwei bekamen die Note mangelhaft, vier die Note gut, keines die Note sehr gut. Und nur so eines dürfte doch als extra vergine bezeichnet werden, oder?

Das Missverständnis der Tester äußert sich schon in der Terminologie: Der Begriff "extra vergine" ist weder dehnbar noch dem Gutdünken überlassen. Entweder ist ein Öl extra vergine oder nicht. Es kann nicht mit befriedigend oder ausreichend benotet werden und trotzdem extra vergine sein. Im Fall von Stiftung Warentest heißt das, nur zwei der 27 getesteten Öle bekamen die Note mangelhaft und entsprechen somit nicht den gesetzlichen Vorgaben. Das Resultat ist so beliebig, dass es keines weiteren Kommentars bedarf.

Trauen Sie den Verkostern der Stiftung Warentest nicht?

Verkoster sind auch nur Menschen, also nur beschränkt zuverlässig. Um es auf den Punkt zu bringen: Je schlechter der Verkoster, desto besser das Öl. Die Stiftung Warentest kümmert sich praktisch nur um Massenware, die Tester vergleichen nicht gute Öle mit schlechten, sondern in der Regel schlechte mit schlechten, und von denen sind halt ein paar Öle ein bisschen weniger schlecht als die anderen. Die kürt man dann zu den "guten". Auf dem Platz ganz oben auf dem Treppchen wechseln sich Lidl und Aldi ab.

Aber Angst, wegen gepanschten Olivenöls zu erkranken, muss man nicht mehr haben, oder? Das war 1981 bei 20 000 Spaniern der Fall, einige sind sogar gestorben.

Nein. Man kann davon ausgehen, dass die Supermarktöle gut kontrolliert werden, ein gesundheitliches Risiko besteht keinesfalls. Es wird viel weniger gepanscht als früher, Olivenöl wird also kaum noch mit Rapsöl oder Sonnenblumenöl gemischt. Die großen Betrügereien sind vorbei, aber die kleinen finden in großem Ausmaß statt.

Ist jedes Öl, das aus Ölen verschiedener Länder gemischt wird, automatisch minderwertig?

Theoretisch kann ich ein italienisches Spitzenöl mit einem Spitzenöl aus Andalusien mischen, und es bleibt ein Spitzenöl. In der Praxis geschieht das so aber nicht. Gemischt werden die Massenöle. Es geht darum, die Mängel der einzelnen Öle etwas auszugleichen und eine Qualität zu erzielen, die für den Kunden zumutbar ist und die Gesetze gerade noch einhält.

Sie sagen, ein natives oder Vergine-Öl ohne den Zusatz "extra" könne ganz in Ordnung sein. Warum findet man aber fast nur Öl mit der Bezeichnung "extra vergine" im Supermarkt?

Weil die Kunden Olivenöl dieser Kategorie wollen, sie haben gehört, dass es das beste ist. Also kommt diese Bezeichnung aufs Etikett. Zudem soll es aus Italienstammen, deshalb tragen die meisten Olivenöle auch einen italienischen Markennamen, egal woher sie kommen. Und selbstverständlich soll das Ganze wenig kosten. Würden die Käufer genau lesen, was auf dem Etikett auf der Rückseite der Flasche steht, wüssten sie, ob es sich um ein Öl aus Italien handelt oder nicht. Der italienische Markenname ist keine Garantie für die italienische Herkunft, die größten Ölmarken gehören eh nicht mehr italienischen, sondern ausländischen Besitzern.

Auf der Rückseite meines Öls aus dem Supermarkt steht klein: "Öle aus verschiedenen EU-Ländern".

Es könnte dort auch stehen: Öle aus verschiedenen Mittelmeerländern. Dann wäre auch Tunesien dabei.

Produziert Italien überhauptgenügend Öl, um die Nachfrage zu befriedigen?

Die Italiener verbrauchen selbst fast 600 000 Tonnen im Jahr, sie exportieren knapp 400 000 Tonnen, macht zusammen etwa eine Million Tonnen. Produziert werden aber durchschnittlich nur 350 000 Tonnen. Es fehlen also rund 600 000 Tonnen. Und die werden aus Spanien, Griechenland oder Tunesien billig importiert und mit italienischen Namen versehen.

Heißt das, auch Italienern wird minderwertiges Öl als hochwertig verkauft?

Dass die Italiener in puncto Olivenöl einen besseren Geschmack hätten als die Deutschen, ist eine romantische Vorstellung. Wie oft steht hier in Italien eine Flasche Olivenöl auf dem Tisch eines Lokals, dessen Etikett alle Herrlichkeit auf Erden verspricht! Dabei füllt der Patron sie in der Küche mit billigem Öl nach, und niemanden stört es.

Aber es gibt doch viele Tausend italienische Olivenbauern, und die Bauern Kalabriens und Apuliens leben seit Jahrhunderten von Oliven?

Stimmt. Und selbst der kleinste Olivenbauer ist überzeugt, er mache tolles Öl, weil er sich Jahr für Jahr im Olivenhain abrackert, jeden Baum kennt, ihn schneidet und pflegt. Ihm ist nicht klar, dass sein Öl in der Olivenmühle kaputtgemacht wird. Italien war arm, Olivenöl billig und nahrhaft, es musste viele Familien satt machen. Darum ging es. Dass Olivenöl ein Qualitätsprodukt sein kann, ist ein junges Phänomen. Dem Wissen, das in der Weinproduktion selbstverständlich ist, hinken wir beim Öl um 30 bis 40 Jahre hinterher. Bis vor zehn, 15 Jahren war es technisch gar nicht möglich, Spitzenolivenöle zu produzieren. Die moderne Olivenölmühle ist eine reine High-Tech-Straße. Und sehr teuer. Aber es sind immer noch viele veraltete Mühlen in Betrieb. Gleich unterhalb meines Grundstücks steht eine der größten Ölmühlen der Toskana. Was da am Ende raus kommt, ist nicht extra vergine, sondern irgendwas.

Ginge das nicht einmal als Öl für 4,49 Euro durch?

Doch, doch, denn was da so in Tankern übers Mittelmeer geschifft wird, ist noch viel schlimmer. Das ist aber nicht tragisch, denn die großen Konzerne verfügen über bestens ausgerüstete Labore und Methoden, um ihre Öle aufzuhübschen. Und solange sich an der minderwertigen Ware niemand stört, gibt keinen Grund, grundsätzlich etwas zu ändern.

Lässt sich mit solchem Olivenöl sehr viel Geld verdienen?

Nicht mal das klappt richtig. Die Ölkonzerne zerfleischen sich gegenseitig. Denn wenn Lidl ein billiges Öl anbietet, stellt Aldi ein noch billigeres ins Regal. Die Multis bekommen für ihr Öl so wenig, dass kein Geld da ist, um die Olivenproduzenten und die Ölmühlen angemessen zu bezahlen oder in neue Technik zu investieren. Aber mit Handel kann man noch am ehesten etwas verdienen: Öl kaufen und verticken. Die Produzenten von Qualitätsölen dagegen können in Nord- und Mittelitalien nur von ihrem Job leben, wenn sie 15 bis 17Euro für den halben Liter bekommen. Wer mit Olivenöl Geld verdienen möchte, sollte auf keinen Fall Olivenbäume bewirtschaften.

Sie machen jetzt seit 40 Jahren in Olivenöl. Fürchten Sie, dass Ihre Leidenschaft mal versiegt?

Ich hoffe nicht. Aber Oliven wurden nicht zur Freude des Menschen erschaffen, schon gar nicht, um Öl zu geben, sondern streng genommen als Dünger, um die botanische Gattung zu erhalten. Ist die Olive reif, fällt sie auf den Boden, platzt auf, aus dem Kern wächst der neue Olivenbaum, mit dem Fleisch der Olive als Dünger. Alles gut durchdacht von der Natur. Und jeder Olivenbauer macht ihr einen Strich durch die Rechnung. Vielleicht ist es deshalb so schwer, ein Spitzenöl herzustellen.


 



Der Olivenöl-Betrug

Der stern enthüllt die schmierigen Geschäfte mit gepanschtem Öl.

 

 

 

 

 

 

   

 

Hochgelobt 

Ein Höhepunkt für viele Olivenöl-Liebhaber sind die frischen Öle aus der Ernte vom Oktober 2023.  Das frische ´23 Olivenöl steht am dem 26. November zum Verkauf zur Verfügung. Unsere hochwertigen Olivenöle  werden ausschließlich und aufwendig aus von Hand geernteten  Oliven hergestellt. Die Landgüter unserer Olivenölbauern von Paolo Beretta und Terra Fageto, CiuCiu, Oleificio Silvestri Rosina und Agostini sind BIO zertifiziert.  Leccino, Frantoio, Pendolino und Sargano-Oliven  sind die Sorten aus denen dieses Öl besteht. Die Pendolino- und Sargano Oliven  sind authentisch für die Province Ascoli Piceno. Die Ernte erfolgt zwischen  Ende September bis Ende Oktober, wenn die Farbe der Oliven zwischen grün und oliv wechselt.  Täglich werden  zwischen 500 und 600 kg abgeerntet, die dann sofort innerhalb von 24 Stunden bei max. 27 Grad gepresst werden. Selbstverständlich können Sie unsere Öle vorm Kauf gerne probieren.

 

Das Olivenöl von Paolo Beretta FIORANO  erzielt regelmäßig bei   Blindverkostungen, wie z.B.  auf der  " BIO FACH" -Messe in Nürnberg erste Plätze. Sloow Food, Italien bewertete Paolos Öl als eines der Besten Italiens. Von über 1000 in 2023 verkosteten Öle war sein "ORGILLA" eines der besten 18!

 

  

  

 

2. Januar 2012: ZDF berichtet über gepanschtes Olivenölaus Italien
Ein Großteil des als italienisch deklarierten Olivenöls ist vermutlich gepanschtes Billigöl. Tatsächlich stammt es aus anderen Ländern und wird falsch etikettiert auch nach Deutschland exportiert.

 

 

  

Andreas März,Redaktion Merum vom 31. Januar 2012

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"Ölskandal in Italien"?
In Wirklichkeit ist es schlimmer...


Skandale sind beliebter Pressestoff. Zweitrangig, ob echt oder vermeintlich.Tatsächlich hätte auch der aktuelle Olivenölskandal eigentlich nicht das Zeug zur Skandalmeldung, geht es doch nicht um ein aktuelles Vorkommnis als vielmehr um die Aufzählung langjähriger Missstände, die den Interessierten längstbekannt sind. Wirklich neu ist nur, dass sich die Behörden nun offensichtlich rühren und etwas unternehmen wollen.
Die Steilvorlage für die Skandalstürmer der deutschen Redaktionen kam von deritalienischen Tageszeitung La Repubblica, die am 23. Dezember 2011 einenArtikel veröffentlichte, der kritische Berichte von Produzentenorganisationen und eine Untersuchung verschiedener Behörden gegen mehrere Ölfirmen vermischte.
Dass sich die Ermittler offenbar endlich um das als Extra Vergine verramschte Billigöl kümmern wollen, ist die einzige aktuelle Meldung des Berichtes. Mehr als einen Zweizeiler gäbe diese sicher positive Meldung aber eigentlich nicht her. Da Olivenöl jedoch auch in Italien ein beliebtes Skandalthema ist, werden aus zwei Zeilen zwei Seiten gemacht. Aufgeblasen wird mit reichlich bekanntenTatsachen, die energisch wiedergekäut und in missverständlichen Zusammenhängenserviert werden.
Schlagzeilen wie diese: "80 Prozent des italienischen Olivenöls sollen gepanscht sein", "beim Großteil des als 'italienisch'verkauften Olivenöls im Supermarkt soll es sich in Wahrheit um Billigöl aus Drittländern handeln" oder "Laut La Repubblica wird ein Großteil des 'italienischen' Olivenöls aus dem Ausland importiert - meist ausSpanien, Griechenland, Marokko oder Tunesien", waren dann prompt auch in deutschsprachigen Publikationen zu lesen.

Tunesisches "Made in Italy
"
Die Fakten: Italien erzeugt nicht mal genügend Olivenöl (300 000 t), um denEigenbedarf (450 000 t) zu decken. Exportiert werden zusätzlich nochmals 350 000 Tonnen. Die in Italien ansässigen Ölfirmen haben somit einen Bedarf von 800 000 Tonnen Öl und müssen 500 000 Tonnen zusätzlich zum italienischen Öl aus demAusland einführen. Diese Zahlen sind öffentlich bekannt und allein kein Grundzur Aufregung.
Dass Italien der weltgrößte Olivenölhändler ist, ist ebenfalls kein Geheimnis. Deshalb sollte die Entdeckung, dass der größte Teil des unter italienischen Markennamen kommerzialisierten Olivenöls nicht aus Italien stammt, niemanden überraschen und eigentlich auch nicht als Stoff für Schlagzeilen taugen.
Es ist zwar irreführend und unmoralisch - aber nicht ungesetzlich -, dass diese zur Hauptsache nicht-italienischen Mischungen unter italienischen Markennamen und toskanisch oder ligurisch klingenden Bezeichnungen vertrieben werden:Luccese, Carapelli, Bertolli, Cantinelle, Dante, Sasso, Rubino, Villa La Badia,Bancetto, etc....
Das Gesetz (EU-Verordnung 182/2009) schreibt vor, dass die Herkunft eines Öls auf dem Etikett deklariert werden muss. Dies ein möglicher Text für einOlivenöl aus italienischen Oliven: "Prodotto ottenuto da olive coltivatein Italia". Stammt ein Öl aus anderen EU-Staaten, muss es so heißen:"Miscela di oli di oliva comunitari", kommt es aus Produktionsländernaußerhalb der EU: "Miscela di oli di oliva non comunitari", und falls es sich um eine Mischung aus europäischen und nichteuropäischen Ölen handelt:"Miscela di oli di oliva comunitari e non comunitari". Diese obligatorischen Texte sind stets kleingedruckt, aber für den aufmerksamen Konsumenten theoretisch lesbar.
Es ist nicht verboten, ein spanisches Öl unter der Marke Carapelli zu vertreiben,aber ist illegal, dieses Öl als "Made in Italy" auszugeben.Eigentlich wären die Ölvermarkter auf die Angabe einer falschen Herkunft überhaupt nicht angewiesen, denn kaum ein Verbraucher kommt über die Lektüre des in großen Lettern auf dem Etikett prangenden italienischen Namens und des ebenso prominenten Firmensitzes - Lucca, Firenze, etc. - hinaus. Das Kleingedruckte bleibt - wie beabsichtigt - in der Regel ungelesen.
Aus dem Repubblica-Artikel geht leider nicht hervor, welcher Vorwurf den betroffenenFirmen gemacht wird. Geht es darum, dass afrikanisch-spanische Mischungen mit italienischen Markennamen vertrieben werden oder dass die EU-Verordnung (dasKleingedruckte) missachtet wird? Der Unterschied ist grundsätzlicher Natur. Denn es geht um die Frage, ob es sich bloß um rücksichtsloses Marketing oder umstrafbaren Betrug handelt.

 



Weshalb gepanscht w
ird
Panschen heißt im Falle von Extra Vergine, eine Partie minderwertiger Qualität zu deodorieren - also den üblen Geruch zu entfernen. Oder statt ausschließlich extra natives Olivenöl zu verwenden, solches mit billigeren Pflanzenölen zuverschneiden. Oder Natives Olivenöl mit raffiniertem zu verschneiden.
Es ist bekannt, dass beim Olivenöl häufig gepanscht wird. Und vermutlich beschränken sich die Panschereien nicht auf hier und dort überführte lokaleÜbeltäter, sondern finden in großem Stile statt, auch bekannte Marken betreffend.
Wenn nun aber Olivenöle aus verschiedenen Ländern nach Italien geschifft und hier verschnitten werden, dann fällt das nicht unter Panschen, sondern ist legal. Illegal und üblich - aber immer noch keine Panscherei - ist es, ein stinkendes, natives Olivenöl als Extra Vergine zu bezeichnen. Das ist zwar Betrug, aber keine Fälschung. Zwischen Import, Verschnitt, Tiefpreisen und Panschen besteht somit - entgegen den Schlagzeilen der Medien - kein direkter Zusammenhang.
Gute Öle können theoretisch überall entstehen, auch in Marokko, Syrien oder der Türkei. Gepanscht werden müssen billige Olivenöle denn auch nicht, weil sie ausTunesien oder Spanien stammen, sondern weil sie in unzumutbarer Weise stinken. Wie das genauso auch bei italienischen Ölen vorkommt.
Da nun der Verbraucher nur das Beste für sich beansprucht, nämlich ExtraVergine, dafür aber nicht entsprechend bezahlen will, muss das billige Stinkeöl so behandelt werden, dass es als "Extra Vergine" sensorisch nicht allzu unangenehm auffällt. Und dieses Tun ist verboten. Denn behandeltesOlivenöl darf definitiv nicht als Extra Vergine in Verkauf gebracht werden.
Der Repubblica-Bericht köchelt ein bitteres Süppchen auf, das längst nichts Geheimnisvolles mehr hat. Schon vor Erscheinen des ersten Merum-Olivenöl-Dossiers im Jahr 2003 wurde in Merum-Berichten diese Situation beschrieben und beklagt. Der in Ligurien lebende, amerikanische Journalist und Buchautor ("Extra Virginity") Tom Müller beschrieb die kriminellen Aspekte der Ölwelt bis ins Detail vor vier Jahren nicht nur im New Yorker,sondern auch in der dritten Auflage des Merum Dossiers Olivenöl im Jahr 2007.

Den Skandal gibts doch!

Nicht die vermuteten Riesenprofite der Ölmultis sind es, nicht die Tatsache, dass unter italienischen Markennamen vorwiegend ausländische Öle vermarktet werden, sondern die völlige Missachtung der Gesetze seitens aller großen Ölvermarkter bezüglich der Kennzeichnung. Illegal ist es, diese Öle, wo immer sie herstammen mögen, als Extra Vergine zu deklarieren. Denn sie sind es nicht:
Ein den gesetzlichen Vorgaben entsprechendes Extra Vergine ist immer ein Meisterwerk handwerklichen Könnens unter optimalen agronomischen und technologischen Bedingungen, eine Maßarbeit mit modernsten Maschinen, mit denen pflückfrische Oliven verarbeitet werden.
In den Flaschen der großen Abfüller, seien es nun berühmte Marken oder  unbekannte, schwimmen aber keine Meisterwerke, sondern Öle, die den Olivenbauern und Kooperativen des Mittelmeers für ein Geld abgepresst werden,das diesen wirtschaftliche Entwicklung unmöglich macht. Qualität? Nein, vonQualität ist hier nicht die Rede, nur von Preis, Marge und Marketing.
Der wirkliche Skandal? Der besteht darin, dass dieser gigantische Etikettenschwindel die traditionellen Olivenhaine in den Hügeln des Mittelmeerraums nach und nach zerstört, indem die Bauern durch die tiefen Öl-und Olivenpreise vom Land vertrieben werden, und die Qualitätsöle der Unerschrockenen neben dem Billig-"Extra-Vergine" im Markt keine Chancen haben. Es ist bitter und verhängnisvoll, dass darüber in der Presse kein Wort verloren wird.